Für viele potentielle Anleger wirkt der Kapitalmarkt weit weg vom Alltag. Dabei ist er nicht mehr als das Zusammenspiel von drei Teilnehmern: Käufer, Verkäufer und Vermittler. Wir begleiten die beiden fiktiven Unternehmen DigiNativeCom AG und MobileSec AG auf einer Reise durch den Kapitalmarkt. Die DigiNativeCom AG ist in unserer Fiktion ein mittelständisches Unternehmen für virtuelle Finanzlösungen – und möchte expandieren.
Kapitalnehmer nutzen den Kapitalmarkt als Quelle für Wachstum
Der Kapitalmarkt ist ein Austausch zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern. Eine Seite hat Geld, die andere Seite braucht Geld. Kapitalnehmer finanzieren über den Kapitalmarkt größere Projekte oder Wachstum. Unser Beispielunternehmen, die DigiNativeCom AG, braucht Geld für ein hochmodernes, neues Verwaltungsgebäude und ein umfangreiches Forschungsprojekt. Derart große Ausgaben können nur wenige Unternehmen vollständig aus Gewinnen und Rücklagen bezahlen. Die DigiNativeCom AG muss also als Kapitalnehmer an den Kapitalmarkt treten.
Um an frisches Geld zu kommen, haben Unternehmen am Kapitalmarkt zwei Instrumente zur Verfügung: Aktien und Anleihen.
Der Kapitalmarkt kennt zwar noch Optionen, Zertifikate, Derivate und mehr Instrumente. Aber all diese komplexen Produkte sind Sonder- oder Mischformen von Aktien und Anleihen.
Aktien: Nimm dir doch ein Stück von uns!
Die DigiNativeCom AG möchte für ihr neues Verwaltungsgebäude keine langfristigen Kredite aufnehmen, um die eigene Kreditwürdigkeit nicht zu belasten. Die Lösung: Eine Kapitalerhöhung. Das bedeutet, dass die DigiNativeCom AG neue Aktien in den Kapitalmarkt gibt („Aktienemission“). Investoren kaufen diese Aktien und ermöglichen dem Unternehmen so einen schlagartigen Zufluss von Kapital. Investoren, jetzt Aktionäre, sind dann Teilhaber des Unternehmens. Dafür zahlt die DigiNativeCom AG in der Zukunft möglicherweise eine Dividende auf jede Aktie. Junge Unternehmen zahlen aber in der Regel noch keine Dividende an ihre Aktionäre, weil sie das Geld für Investitionen oder im alltäglichen Geschäft benötigen. Die Höhe der Dividende würde die Hauptversammlung („HV“) festlegen. Die Hauptversammlung ist die jährliche Zusammenkunft aller Aktionäre. Sie können dort dem Vorstand direkt Fragen stellen und an Abstimmungen teilnehmen.
Wie teuer eine Aktie der DigiNativeCom AG ist, setzt sich ausschließlich aus Angebot und Nachfrage zusammen.
Der Aktienkurs ist damit der Mittelwert von Kauf- und Verkaufspreisen. Haben viele Anleger hohe Erwartungen an die Zukunft der DigiNativeCom AG, steigt die Aktie, weil Anleger dann bereit sind, höhere Kaufpreise zu bezahlen. Gibt es schlechte Neuigkeiten zur DigiNativeCom AG, sei es eine schlechte Bilanz oder ein Datenschutzskandal, verkaufen viele Anleger die Aktie. Das Angebot steigt dann höher als die Nachfrage, der Preis sinkt. Für den Erstverkauf von Aktien bei Kapitalerhöhungen kann das Unternehmen über eine Auktion erfahren, was Investoren bieten würden oder eine Bank den Preis schätzen lassen. Die Aktien der fiktiven DigiNativeCom AG sind im TecDax, dem Aktienindex für deutsche Technologieunternehmen, gelistet.
Was ist ein Aktienindex?
Ein Aktienindex besteht aus einer Auswahl von Aktien verschiedener Unternehmen, die repräsentativ für eine Branche, einen Markt oder eine Volkswirtschaft sind. Ein Index ist somit wie ein fiktives, repräsentatives Aktien-Depot. Der DAX ist der Index der 40 größten deutschen Unternehmen. Er spiegelt ungefähr 80% des Gesamtwertes der deutschen börsennotierten Aktiengesellschaften wieder, gemessen an Wert und Menge ihrer Aktien im freien Handel. Beispiele für Branchen-Indizes sind der ÖkoDax oder der Dow Jones STOXX Chemical. Jeder Aktienindex hat einen Gesamtwert. Wie ein Aktienindex den eigenen Stand berechnet, hängt davon ab, ob er ein Preisindex (auch Kursindex genannt) oder Performanceindex ist. der Gesamtstand eines Preisindexes sind die Kurse aller im Index enthaltenen Aktien zusammengezählt. Bei einem Performanceindex hingegen rechnen die Index-Anbieter Einnahmen wie die Dividende in den Wert des Indexes ein. Das ist ein etwa so, also würde ein Fonds, der aus allen Aktien des Indexes besteht, die Dividenden wieder in sich selbst anlegen.
Unternehmensanleihen: Der Kredit-Schwarm für Unternehmen
Weiterhin braucht die DigiNativeCom AG neues Kapital für ein großes Forschungsprojekt, die komplette Neuentwicklung eines Produktes. Es sind neue Abteilungen, Rechenzentren, Labore und Serverfarmen nötig. Um das zu finanzieren nutzt die DigiNativeCom AG ein weiteres Instrument für Kapitalnehmer: Die Unternehmensanleihe. Auch dieses Produkt bietet die DigiNativeCom AG am Kapitalmarkt an. Investoren kaufen sich damit ein Recht auf Zinsen und auf Rückzahlung des Nennbetrages, kurz:
Die Unternehmensanleihe ist einem Kredit ähnlich. Der Investor kauft einen kleinen Teil dieses Kredites und bekommt dafür Zinsen. Die Laufzeit der Anleihen ist eine Entscheidung des Unternehmens.
Wie auch eine Aktie kann die Anleihe am Markt teurer oder günstiger werden. Anleihen sind zumeist mit einem festen Zins belegt. Für Investoren heißt das, dass sie auf zwei Arten Gewinn machen können: Durch Kurssteigerungen der Anleihen-Anteile und durch die Zinsen auf die Anleihe.
Übrigens gilt das Geld, das ein Anleger dem Unternehmen durch eine Anleihe zur Verfügung stellt, als Fremdkapital – eben als echte Schulden für das Unternehmen. Das bedeutet: Sollte die DigiNativeCom AG in Zahlungsschwierigkeiten geraten, muss sie Anleger mit Anleihen vor den eigenen Aktionären bezahlen. Auch deswegen gelten Anleihen generell als sicherer als die meisten Aktien.
Eine Variante der Anleihe ist die Wandelanleihe: Der Anleger hat das Recht, die Anleihe in einer bestimmten Zeitspanne in eine Aktie umzuwandeln.
Staatsanleihen: Der Kredit-Schwarm für den Staat
Auch Staaten finanzieren sich über den Kapitalmarkt. Dafür gibt der Staat eigene Anleihen heraus. Staatsanleihen gelten als besonders sicher, da der Staat als äußerst vertrauenswürdiger Gläubiger gilt. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Das Risiko einer Staatsanleihe hängt von der Bonität des herausgebenden Staates ab. Als im März 2012 dem griechischen Staat ein Schuldenerlass gewährt wurde, mussten Anleihennehmer auf über 50% ihrer Anleihenwerte verzichten. Staaten können ihre Anleihen mit einem höheren Zins attraktiver für Anleger machen, wenn sie dringend Geld für ihren Haushalt brauchen. Wirtschaftlich starke Staaten reduzieren die Zinsen auf ihre Anleihen und deckeln die Menge, da sie nicht so stark auf dieses Kapital angewiesen sind.
Kapitalgeber nutzen den Kapitalmarkt als Anlagemöglichkeit
Kapitalgeber sind überwiegend private Haushalte und sogenannte Institutionelle Anleger. Die privaten Haushalte sind alle Menschen, die ihr Geld gewinnbringend anlegen wollen. Sie investieren entweder selbstständig in Aktien und Anleihen oder, viel häufiger, über ihre Hausbank in Fonds. Letztlich beauftragen sie damit ihre Hausbank, das Geld in ihrem Namen anzulegen.
Institutionelle Anleger sind Großanleger. Beispiele sind Banken, Fondsanbieter und Versicherungen, also alle Anleger, die ständig ein großes, flüssiges Vermögen haben und es gewinnbringend anlegen müssen. Da sehr viele Menschen ihr privates Vermögen auf einem Sparkonto, Sparbuch, Tages- oder Festgeldkonto haben und Versicherungen bezahlen, haben diese Institutionen riesige Geldmengen, die sie dem Kapitalmarkt – und damit Kapitalnehmern – zur Verfügung stellen können. Das bedeutet auch: Das Geld vieler privater Anleger wird sowieso investiert, ob nun direkt auf Auftrag der Hausbank oder sehr indirekt durch eine Versicherung oder eine beauftragte Fondsgesellschaft.
Die DigiNativeCom AG als Kapitalgeber
Auch Unternehmen können Kapitalgeber sein, zum Beispiel wenn sie Aktien von anderen Unternehmen kaufen. Die DigiNativeCom AG hat durch die erfolgreiche Platzierung von Aktien und Anleihen große Kapitalmengen mobilisiert. Da Verwaltungsgebäude und Forschungsprojekt günstiger waren als angenommen, kann die DigiNativeCom AG als Kapitalgeber am Kapitalmarkt auftreten. Die DigiNativeCom AG entscheidet sich dazu, sich an einem börsennotierten Unternehmen im Bereich Cyber-Security zu beteiligen: Der MobileSec AG. Die DigiNativeCom AG würde gerne so viele Aktien der MobileSec AG kaufen, dass sie Einfluss auf das Unternehmen ausüben kann, etwa als Großaktionär im Aufsichtsrat. Letztlich will die DigiNativeCom AG durch einen hohen Aktienanteil an der MobileSec AG eine gewinnbringende Kooperation erwirken.
Dafür kauft die DigiNativeCom AG systematisch Aktien der MobileSec AG im Handel auf. Außerdem tritt sie an große Investoren heran und macht Kaufangebote für große Aktienpakete. Alleine durch das Gerücht einer großen Beteiligung oder gar einer Übernahme durch Aktienmehrheit steigt die Nachfrage und somit der Wert der Wertpapiere der MobileSec AG stark. Die massiven Käufe der DigiNativeCom AG steigern den Kurs weiter.
Intermediäre sind die Vermittler zwischen Angebot und Nachfrage
Intermediäre ermöglichen es, dass Kapitalnehmer und Kapitalgeber zueinanderfinden. Es gibt zwei Arten von „Mittelsmännern“ auf dem Kapitalmarkt: Finanzproduzenten und Market-Maker.
Die wichtigsten Finanzproduzenten sind Kreditinstitute, Versicherungen, Fondsgesellschaften. Sie heißen „Produzenten“, weil sie Produkte des Kapitalmarktes wortwörtlich erschaffen, etwa Fonds. Market-Maker „machen“ den Markt, stellen also Dienste und Infrastruktur bereit, um einen Austausch am Markt zu gewährleisten.
Ein verbreitetes Missverständnis ist, dass Kreditinstitute immer Kapitalgeber sind. Das sind sie nur dann, wenn sie selbst Aktien oder Anleihen kaufen.
Banken können auch als Institutionelle Anleger und somit als sehr starke Kapitalgeber auftreten. Denn Banken können ihr freies Kapital entweder aus Eigeninteresse oder im Auftrag ihrer Kunden anlegen und sich über eigene Fonds(-produkte) an der DigiNativeCom AG beteiligen.
DigiNativeCom AG, MobileSec AG und Intermediäre
Die DigiNativeCom AG muss mit einem oder mehreren Market-Makern zusammenarbeiten, um ihre neuen Aktien am Markt zu platzieren. Eine Bank findet dann Investoren und Bieter. Den Preis der neuen Aktien legt in den meisten Fällen ebenfalls die Bank fest. Die Basis dafür ist die Nachfrage nach den neuen Aktien in einem festgelegten Zeitraum.
Auch für die MobileSec AG sind Intermediäre durch die verdächtigen Aktienkäufe der DigiNativeCom AG wichtig. Denn die MobileSec AG kann versuchen, sich gegen den Einfluss der DigiNativeCom AG zu wehren, in dem sie ihrerseits mehr Aktien ausgeben. So erhöht die MobileSec AG die eigene Marktkapitalisierung und macht die Einflussnahme für die DigiNativeCom AG teuerer. Die Marktkapitalisierung einer AG ist der Wert der eigenen Aktie multipliziert mit der Anzahl – je höher dieser Wert ist, desto höher ist der Preis eines Unternehmens an der Börse.
Beispielhafte Big Player des Kapitalmarktes: Beteiligungsgesellschaften und Private Equity
Je mehr Kapital ein Geldgeber zum investieren zur Verfügung hat, desto stärker kann er in den Kapitalmarkt und die Märkte allgemein eingreifen. Eine Form dieser Big Player sind die sogenannten Beteiligungsgesellschaften. Sie erwerben große Aktienpakete und profitieren entweder von einem gewinnbringenden Verkauf der Aktien oder den Dividenden. Beteiligungsgesellschaften sind in der Regel nicht an einer Aktienmehrheit, großem Einfluss oder gar einer Übernahme des Zielunternehmens interessiert.
Es gibt aber auch „aktivere“ oder „aktivistische“ Anleger. Diese wollen über eine Aktienbeteiligung aktiv in das Unternehmen eingreifen. Manchmal wollen solche sogenannten „Hedgefonds“ ein Unternehmen in Schwierigkeiten übernehmen,, wieder wirtschaftlich machen und dann wieder verkaufen. Eine schwächere Form dieser aktiven Beteiligung ist ein Anstreben von Aufsichtsratspositionen. So soll Einfluss auf das Management des Unternehmens genommen werden.
Big Player können Aktienkurse einzelner Unternehmen durch ihre Käufe und Verkäufe beeinflussen. Beteiligt sich ein Big Player an einem Unternehmen, folgen häufig andere Marktteilnehmer diesem Beispiel. Genauso kann es zu einem „Run“ auf die Wertpapiere einer AG kommen, wenn eine große Ratinggesellschaft das Unternehmen positiver bewertet und damit in den Augen vieler Anleger aufwertet. Gerade Aktienkurse sind deswegen häufig eine Sache von Psychologie und Emotionen. Hier haben Robo-Advisor und Digitale Vermögensverwaltungen den Menschen etwas voraus: Sie investieren effektiv und konsequent dort, wo die Aussichten gut sind – ohne Angst und subjektive Trends.
Ein niedriger Leitzins bedeutet mehr Geld auf dem Kapitalmarkt
Der Leitzins bestimmt einerseits, wie teuer es für Banken ist, sich Geld bei einer Zentralbank zu beschaffen („Hauptrefinanzierungssatz“). Sinkt der Leitzins, können sich die lokalen Banken günstiger Geld bei der Zentralbank leihen und ihrerseits günstiger an die Konsumenten verleihen.
Andererseits bestimmt der Leitzins, wie viel Zinsen die lokalen Banken von der Zentralbank bekommen, wenn sie kurzfristig nicht benötigtes Geld dort parken („Einlagesatz“). Das bedeutet: Hat eine lokale Hausbank viel Geld, kann sie es bei niedrigem Leitzins schlechter bei der Zentralbank anlegen. Sie muss andere Möglichkeiten finden, das Geld loszuwerden. Dafür bietet sie zum Beispiel günstigere Kredite an.
Unternehmen wie die fiktive DigiNativeCom AG können sich dann viel günstiger Kredite beschaffen um neue Investitionen zu tätigen.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Die Nachfrage nach Aktien steigt in Zeiten niedriger Zinsen. Der Grund ist, dass viele Anleger dann auf der Suche nach Anlagealternativen sind. Niedrige Zinsen gelten durch die günstigeren Investitionen für Unternehmen auch als gutes wirtschaftliches Umfeld. Deswegen reagiert die Börse auf sinkende Leitzinsen in der Regel freundlich.
Der Kapitalmarkt ist nicht mehr als Käufer, Verkäufer und Produkte. Angebot und Nachfrage machen die Preise. Auch private Anleger ohne großes Vermögen können heute an den Renditechancen des Kapitalmarktes teilhaben. Denn die Geldanlage in Wertpapieren ist mit einem Robo-Advisor günstig und einfach. Lesen Sie mehr dazu auf unserer Themenseite zum Robo-Advisor der nächsten Generation.