Studien beweisen, dass ein langer Anlagehorizont eine Anlage in Wertpapiere sicherer macht. Experten sprechen von guten Anlagehorizonten ab 15, oft sogar 20 Jahren. 2017 betrug die durchschnittliche Haltedauer einer Aktie weltweit 8,4 Monate. Entgegen aller Statistiken entscheiden sich viele Privatanleger dafür, zu „traden“, also aktiv zu handeln, statt passiv zu investieren. Der Grund: Menschen glauben gerne, dass sie wissen, was sie tun. Denn der Dunning-Kruger-Effekt sorgt dafür, dass Anleger ihre Fähigkeiten und auch ihr Börsenwissen stark überschätzen. Das führt zu Fehlinvestitionen und Verlusten. Deswegen: Ein Plädoyer für konstruktive Selbstreflexion – und den Mut, passiver und dafür langfristiger zu investieren!
Das erfahren Sie in diesem Artikel:
- Der Dunning-Kruger-Effekt: Je weniger eine Person in einem Fachgebiet weiß, desto höher seine Selbstüberschätzung. Andersherum ist es genauso: Je mehr die Person in einem Fachgebiet dazu lernt, desto weniger glaubt sie daran, überdurchschnittlich viel zu wissen.
- Dieser Effekt sorgt dafür, dass Privatanleger fast immer ihr eigenes Börsenwissen überschätzen.
- Kennzahlen und Faustregeln vereinfachen die Mechanismen der Börse oft – und unterstützen den Dunning-Kruger-Effekt so.
Der Dunning-Kruger-Effekt: Selbstbewusstsein durch fehlendes Wissen
Der Dunning-Kruger-Effekt beschreibt: Sobald jemand ein kleines Grundwissen in einem Fachgebiet angesammelt hat, überschätzt diese Person die eigene Kompetenz erheblich. Je kleiner das „gefährliche Halbwissen“ ist, desto eher neigen Menschen dazu, die eigenen Fähigkeiten zu überschätzen. Besonders in komplexen Fachgebieten, wie dem Kapitalmarkt ist das der Fall. Wer sich dann aber immer weiter in die Tiefe des Fachgebietes einliest, verliert dieses übersteigerte Selbstbewusstsein nach und nach wieder. Das ist auch logisch und wird durch eine Metapher klarer: Anfänger kennen die oberflächliche Spitze des Eisberges. Sie wissen aber vom Rest des Eisberges gar nichts. Erst wer überhaupt weiß, dass es unter der Oberfläche mehr gibt, kann zu dem Schluss kommen, dass die Spitze nur ein winziger Teil des Ganzen ist – und die Erforschung des restlichen Berges viel aufwändiger ist.
Am Kapitalmarkt gibt es einige Mechanismen, die den Dunning-Kruger-Effekt sogar noch unterstützen. Das führt zu Fehleinschätzungen.
4 Fallstricke im Börsenwissen, die den Dunning-Kruger-Effekt verstärken
Die vier folgenden Punkte sollen beispielhaft skizzieren, dass es den oben genannten Hauptteil des Eisberges gibt.
Fallstrick 1: Nur scheinbar eindeutige Kennzahlen
An jedem Datenblatt eines Wertpapiers stehen mehrere Kennzahlen. Meistens sind es Abkürzungen mit drei Buchstaben und eine Zahl: „KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) 11,16“. Allerlei Faustregeln aus dem Internet oder der Ratgeberliteratur erklären den Umgang mit dieser Kennzahl. Eine bekannte Faustregel lautet: „Eine Aktie mit einem KGV unter 12 ist unterbewertet – und hat somit Potential für Kursgewinne.“ Das KGV einer Aktie kann jeder Anleger online einsehen. Allerdings sind diese Kennzahlen ohne Kontexte fast wertlos.
Selbst mehrere Kennzahlen müssten Anleger in den Kontext mit der jeweiligen Branche, mit Kursbewegungen und aktuellen News setzen.
Fallstrick 2: Die irreführende Anziehungskraft großer Unternehmen und Marken
Ein Beispiel macht klar, dass das ein Irrglaube ist: Der deutsche Aktienindex DAX beinhaltet die 30 größten Unternehmen Deutschlands, gemessen am Gesamtwert ihrer handelbaren Aktien. Wer 2008 in den DAX investiert hat und 2018 ausgestiegen ist, hat eine Rendite von 8,2 Prozent erwirtschaftet. Der SDAX ist der deutsche Aktienindex der sogenannten „Small Caps“, also der kleineren Unternehmen. Seine Rendite war deutlich höher: Wer 2008 investiert hat und 2018 ausgestiegen ist, konnte sich über eine Rendite von 13 Prozent freuen. Beim TecDax, dem Index der kleineren Technologie-Unternehmen, waren es sogar 17 Prozent im gleichen Zeitraum. Der Mittelstand-Index MDAX schaffte 14,4 Prozent.
Das liegt auch daran, dass viele kleinere Unternehmen agiler und schneller wachsen als die großen DAX-Konzerne. Großkonzerne stoßen an Wachstumsgrenzen und müssen ihren Platz ständig verteidigen.
Fallstrick 3: Aktien-Patriotismus
Die Deutschen kaufen besonders gerne Wertpapiere von Unternehmen aus der eigenen Heimat. Das hat zwei Gründe: Zum einen ist es steuerlich einfacher, wenn ein deutscher Anleger ausschließlich deutsche Aktien kauft. Denn die Quellensteuer ist von Land zu Land unterschiedlich, auch in der EU. Verschiedene Quellensteuern machen ein neues „Fass“ in der Steuererklärung auf.
Außerdem gibt es eine sogenannte „Home Bias“: Wir haben ein anderes Verhältnis zu Unternehmen in unserem Heimatland. Sie kommen uns näher und allgegenwärtiger vor. Der MSCI World Index, der die wichtigsten Aktien der Welt nach Marktkapitalisierung abbildet, besteht allerdings nur zu drei Prozent aus deutschen Wertpapieren – wer also national investiert, verpasst viel.
Fallstrick 4: Die Begrenzung eigener Gewinne aus Angst vor Verlusten
Fast alle Privatanleger neigen dazu, Kursgewinne aus Aktien oder ETF-Anteilen früh „mitzunehmen“. Das bedeutet, dass der Anleger schon kleine Kursgewinne als Anlass nimmt, den ETF-Anteil oder die Aktie zu verkaufen. Bei Gewinn zu verkaufen klingt logisch? Und wenn die Aktie auf dem Weg zu neuen Höchstständen gewesen ist oder eine Dividende in Aussicht wäre? Zugegeben: Keine Aktie steigt endlos. Der Kern dieses Fallstrickes ist aber: Der gleiche Anleger, der früh Kursgewinne „mitnimmt“, geht vollkommen anders mit Kursverlusten um. Privatanleger neigen nämlich gleichzeitig dazu, Kursverluste „auszusitzen“. Mit anderen Worten:
Sie begrenzen Gewinne durch frühes Verkaufen und lassen Verluste in der Hoffnung auf Kurserholung weiterlaufen.
Viele Anleger können die Finger einfach nicht von theoretischen Gewinnen lassen – der Aktienkurs könnte ja jederzeit wieder fallen. Und schließlich könnte der Anleger mit dem erwirtschafteten Gewinn eine andere Aktie im Portfolio nachkaufen, die gerade stark im Kurs gefallen ist. Denn nach dem „Buy-The-Dip-Prinzip“ könnte der Anleger so an der möglichen Erholung des Aktienkurses teilhaben.
Das alles sind keine falschen Gedanken. Aber sie werden viel zu oft aus dem Bauch heraus für Investment-Entscheidungen herangezogen. Hier spielen Emotionen, vor allem die Angst, eine große Rolle. Auch deswegen ist eine selbstlernende Künstliche Intelligenz eine gute Alternative – denn die kennt nur Zahlen und Wahrscheinlichkeiten.
Wie Sie ohne Dunning-Kruger-Effekt an der Börse Geld anlegen: Mit ETFs und Künstlicher Intelligenz
Der Dunning-Kruger-Effekt ist allzu menschlich. Jeder überschätzt irgendwann einmal die eigene Kompetenz. Investment-Legende Warren Buffett rät deswegen seit Jahren zu günstigen Indexfonds, also ETFs:
„Wenn du kein aktiver Investor bist [...] dann solltest du Indexfonds kaufen. Und zwar Indexfonds mit niedrigen jährlichen Kosten.“
Warren Buffett, Großinvestor und Buchautor
Den Dunning-Kruger-Effekt können Sie umgehen, indem Sie in verschiedene ETFs investieren. Denn so schalten Sie den Dunning-Kruger-Effekt und die oben genannten Fallstricke aus:
- Kennzahlen spielen nur eine sehr untergeordnete Rolle, da die Anlage in ETFs sowieso sehr breit gestreut ist.
- Je nach ETF ist die Größe eines Unternehmens kein Auswahlkriterium – es zählt nur, welches Unternehmen im Index ist, den der ETF abbildet.
- Bei Fonds, die komplette Aktienindizes abbilden, ist die Home Bias keine Gefahr für die Rendite, weil es leicht ist, in viele verschiedene Märkte gleichzeitig zu investieren.
Natürlich muss der Anleger sich dennoch für einen oder mehrere ETFs entscheiden. Um jeden Fallstrick zu umgehen, kann eine Künstliche Intelligenz helfen, genau die richtigen ETFs zu identifizieren. Eine digitale Vermögensverwaltung wie Smavesto lässt den Anleger die eigene Risikobereitschaft festlegen und ein paar Anlage-Vorlieben einstellen und legt dann automatisch in ETFs an.